AZZOLINO, Decio

Kardinal Decio Azzolino entstammte einer alten Adelsfamilie, von der mehrere Mitglieder im Dienste der katholischen Kirche standen.
Da bereits sein Vater und Onkel in ranghohen Ämtern des Vatikanischen Staatssekretariats standen, war es nicht verwunderlich, daß auch der intelligente, gebildete und höfisch gewandte junge Azzolino eine bemerkenswert rasche Karriere an der römischen Kurie machte.

Nach der Wahl Fabio Chigis zum Papst Alexander VII. wurde Azzolino 1651 zum stellvertretenden Staatssekretär und 1653 zum verantwortlichen Staatssekretär für die Korrespondenz mit den europäischen Monarchen ernannt.
Ein Jahr später wurde er zum Kardinal geweiht.

Seine intimen Kenntnisse der Gepflogenheiten und der Etikette des päpstlichen Hofes, seine Gewandheit im Umgang mit diplomatischen Vertretern der europäischen Höfe und sein hohes Kunstverständnis machten ihn zum geeigneten Beauftragten des Vatikans, Christina von Schweden nach ihrer Ankunft in Rom einzuführen.

Es war auch für Christina eine glückliche Fügung, Azzolino zeitlebens als humanistisch gebildeten Gesprächspartner, treuen Freund und loyalen Berater in politischen und finanziellen Angelegenheiten zur Seite zu haben.

Im Auftrag des Papstes verwaltete Azzolino Christinas Finanzen – aber er konnte es nicht verhindern, daß Christina auf Grund ihres aufwendigen Lebensstils am Ende ihres Lebens verschuldet war.

Seine Empfehlungen veranlaßten Christina auch, ihre Kunstsammlung neu zu strukturieren und um wertvolle Gemälde, Skulpturen und seltene Manuskripte zu einer außergewöhnlichen Kollektion zu vervollständigen.

Das sehr innige Verhältnis von Azzolino zu Christina veranlassen neuere Forschungen spekulativ von einer Liebesbeziehung beider Persönlichkeiten auszugehen.

Als Azzolino im Jahre 1667 von dem neu gewählten Papst Clemens IX. mit einem erweiterten Aufgabenbereich betraut wurde und insbesondere Christina von Schweden sich nach dem Tode des schwedischen Königs Karl X. Gustav um den schwedischen Thron (und später auch um die polnische Krone) bemühte, entfremden sich beide.
Aber trotz der (auch örtlichen) Distanzierung blieb der sehr persönliche Kontakt zwischen dem Kardinal und Christina bis zu deren Tod nie ganz verloren.

Die Tatsache, daß Christina Azzolino in ihrem Testament als Universalerben einsetzte, zeugt von ihrer persönlichen Wertschätzung zu diesem außergewöhnlichem Mann.

Am 19. April 1689 starb Christina nach langer Krankheit. Azzolino lebte selbst nur noch sieben Wochen und widmete diese Zeit den Bestattungsvorbereitungen Christinas.

Christina hatte ein einfaches Begräbnis ohne Pomp verlangt. Ihr Wunsch war es, in der Rotunde des Pantheos begraben zu werden.
Azzolino entschied sich gegen den letzten Wunsch der ehemaligen Königin. Er entschied, daß Sie als erste ausländische Monarchin in der Krypta von St. Peter beizusetzen sei. Alles andere wäre "... ein Skandal und eine unendliche Schande Roms."

Nach dem Tode des Kardinals am 8. Juni 1689 wurden dessen Bibliothek, die Manuskriptsammlung und die Kunstwerke verkauft, um die Schulden (auch die der Christina) zu finanzieren.

Christinas Bücher und Kunstwerke sind heute in Museen und Bibliotheken über ganz Europa verstreut. Lediglich ihre Manuskriptsammlung blieb erhalten und befindet sich in der vatikanischen Bibliothek als "Codices Reginenses Graeci et Latini".
Diese rund 2000 Dokumente repräsentieren eine Periode römischer Geschichte, die heute noch von italienischen Historikern als "il seicento di Christina" bezeichnet wird.




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