Georg II. , Landgraf von Hessen-Darmstadt

Die Entwicklung Hessens wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts in starkem Maße durch zwei Faktoren geprägt: erstens von den Nachwirkungen der dynastischen Fehlentscheidung des Landgrafen Philipp von Hessen im Jahre 1568, der in seinem Testament die Aufteilung der Landgrafschaft unter seine vier Söhne festlegte und zweitens vom Beginn des 30jährigen Krieges. Obwohl beide Ereignisse fünfzig Jahre auseinanderliegen und getrennt betrachtet scheinbar nichts miteinander zu tun haben, verstärkten sie sich in ihrer Wirkung auf die wirtschaftliche und politische Lage der beiden Teile Hessens während und nach dem 30jährigen Krieg. Als der 30jährige Krieg 1648 durch den Westfälischen Frieden beendet wurde, war das "Ergebnis für Hessen lediglich die Wiederherstellung der politischen, territorialen und konfessionellen Ausgangslage - für einen entsetzlichen Preis an Menschenleben, Zerstörungen und Verwüstungen." [22]

Die Versuche der hessischen Brüder, nach dem Tode Philipps eine gemeinsame Politik ihrer Herrschaftsgebiete zu verwirklichen, schlugen fehl. Die Linie Rheinfels starb bereits 1583 aus und die Hessen-Marburgs erlosch 1604. Laut Testament fiel das Erbe des verstorbenen Landgrafen Ludwig IV. von Hessen-Marburg zu gleichen Teilen seinen Neffen in Kassel und Darmstadt zu. Es wurde aber zur Bedingung gemacht, daß der lutherische Glaube im Fürstentum erhalten bleiben sollte. Die Aufteilung des Landes erfolgte durch einen Schiedsspruch der Räte: Moritz erhielt den Norden mit Marburg zugewiesen, während die Darmstädter Verwandten den Süden des Landes mit der Festung Gießen erhielten.

Trotzdem entstand um das Testament und seine Auslegung ein langjähriger Streit zwischen Darmstadt und Kassel, der in seiner Konsequenz die Auswirkungen des 30jährigen Krieges für die Bevölkerung noch verschärfte.

Das Herrschaftsgebiet der Landgrafen von Hessen-Darmstadt war im beginnenden 17. Jahrhundert zu klein, zu dünn besiedelt und weder wirtschaftlich noch militärisch stark genug, um seinen Fürsten bei den beginnenden kriegerischen Auseinandersetzungen von den Ausmaßen des 30jährigen Krieges eine bestimmende Rolle zuweisen zu können. Bei der Teilung des Landes hatte der jüngste Sohn Philipps nur ein Achtel des Gesamterbes erhalten. Um diese Situation zu ihren Gunsten zu verändern, versuchten die Landgrafen von Hessen-Darmstadt schon vor Beginn des großen Krieges durch Koalitionen mit dem Kaiser ihr Herrschaftsgebiet auf Kosten ihrer Kasseler Verwandten zu korrigieren. Diese strategischen Versuche beruhten auf einer falschen Einschätzung der Entwicklung der Machtverhältnisse in Deutschland und führten nach anfänglichen Erfolgen zu erbitterten Kämpfen vor allem mit der dynastischen Linie derer von Hessen-Kassel in den Jahren 1645 und 1648 im sogenannten "Hessenkrieg".

Den willkommenen Anlaß für den Versuch einer Grenzkorrektur gab der Kasseler Landgraf Moritz selbst:

Moritz besaß zwar eine außerordentliche Bildung, aber kein Gespür für politische Entscheidungen. Bei seinen Bemühungen um das Marburger Erbe verstieß er mit dem Versuch, calvinistische Einflüsse geltend zu machen, gegen die Konfessionsgarantie des Testaments des verstorbenen Marburger Landgrafen.

Außerdem machte der Landgraf von Hessen-Kassel im Streit um das Erbe einen folgenschweren politischen Fehler: er verbündetet sich mit dem calvinistischen Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz. Als aber Friedrich V. von der Pfalz entgegen aller Warnungen im Jahre 1619 die ihm angebotene böhmische Krone annahm, verstieß er damit nach Meinung der Mehrzahl der deutschen Fürsten gegen Reichsrecht. In der Schlacht am Weißen Berg bei Prag wurde das böhmische Heer 1620 von den Kaiserlichen vernichtend geschlagen, und der "Winterkönig", wie Friedrich nach der Dauer seiner Regierungszeit als böhmischer König genannt wurde, mußte fliehen, wurde nach seiner militärischen Niederlage vom Kaiser geächtet, verlor seinen böhmischen Königstitel, den Kurtitel
und sein Land.

Diese politische Konstellation lieferte den Darmstädter Landgrafen den Vorwand, beim Kaiser mit einer Anfechtungsklage ganz Oberhessen für sich zu fordern. Mit Erfolg: in einem Reichshofratsurteil vom 11.4.1623 wurde der Anspruch Hessen-Darmstadts auf die ganze Marburger Erbschaft bestätigt.

Da nach der militärischen Niederlage des Kurfürsten von der Pfalz der Landgraf von Hessen-Kassel keine ausreichende politische und militärische Basis mehr besaß, war für die Landgrafen von Hessen-Darmstadt der Weg frei, das kaiserliche Urteil auch militärisch durchzusetzen. Den Anlaß für die militärische Aktion lieferten diesmal nicht wieder der Landgraf von Hessen-Kassel, sondern seine ehemaligen Bündnispartner: Nach der Niederlage des böhmischen Heeres bei Prag zogen sich die ehemaligen militärischen Verbündeten des Kurfürsten von der Pfalz, Graf Mansfeld und der Markgraf von Baden, in Richtung Elsaß zurück, um der vom katholischen Erzherzog Leopold bedrohten Stadt Hagenau beizustehen.

Auf dem Wege dorthin fielen sie in den Raum Hessen-Darmstadt ein. Als das Heer Mansfeld´s vor der Haupstadt des Landgrafen Ludwig erschien, mußte dieser Mansfeld Quartier geben und ihn förmlich gastfreundlich aufnehmen. Landgraf Ludwig, der Vater Georg II., war zwar gut kaiserlich gesinnt aber im militärischen Sinne harmlos, da er kein eigenes Heer besaß. Um sich der Verantwortung gegenüber dem Kaiser zu entziehen, versuchten Landgraf Ludwig und sein Sohn Johann heimlich zu fliehen. Nach einer langen Nachtwanderung nahm man sie gefangen und brachte sie schlammbespritzt und mit wunden Füßen zurück. Obwohl sie nach der erzwungenen Rückkehr sicher nicht wie Helden aussahen, war ihre konsequente Weigerung, die Stadt Rüsselsheim am Rhein den Mansfelder Truppen als Strafe für ihre Flucht zu übergeben, durchaus heldenhaft. Mansfeld, ungehalten über den Umweg, den er nun auf seinem Marsch zum Main einschlagen mußte, nahm den Fürsten und seinen Sohn als Geiseln mit.

Der Kaiser und seine Berater erkannten, daß sie mit dem skrupellosen, aber militärisch begabten Mansfeld nicht fertig werden; aber sie kannten und nutzten die Schwächen Friedrichs, des geächteten Kurfürsten von der Pfalz.

Taktisch geschickt und mit diplomatischer Unterstützung auch des Königs von England, dem Schwiegervater Friedrichs von der Pfalz, wurde Nachsicht und Wiedereinsetzung in die besetzten Erblande Friedrichs angedeutet. Der Preis dafür: die Beendigung des Krieges und die Entlassung Mansfelds und Christian´s von Braunschweig. In rührender Naivität ging Friedrich auf die Bedingungen ein und entließ am 22. Juli 1622 die beiden Feldherrn aus seinen Diensten. Damit wurde auch der mit Friedrich verbündtete Landgraf Moritz von Hessen-Kassel militärisch schutzlos. Diese Chance wußte der kaisertreue Landgraf Ludwig von Hessen-Darmstadt klug zu nutzen: Auf sein Drängen rückten im Jahre 1623 auf kaiserlichen Befehl Tillys Liga-Truppen in Hessen-Kassel ein, um das Reichshofratsurteil militärisch durchzusetzen. Das war der Anfang vom Ende der landesherrlichen Karriere des Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel. 1627 mußte er zu Gunsten seines Sohnes Wilhelm V. zurücktreten. Dieser erreichte mit der Abtretung von Oberhessen und Katzenelnbogen an seine Darmstädter Verwandten, daß das Herrschaftsgebiet Hessen-Kassel von den kaiserlichen und Darmstädter Truppen geräumt wurde.

Als 1630 Gustav Adolf antrat, in Deutschland die ihm angedichtete Rolle des Glaubensretters zu spielen, war Landgraf Wilhelm V. von Hessen-Kassel einer seiner ersten deutschen Bundesgenossen.

Gustav Adolf marschierte nach der erfolgreichen Schlacht bei Breitenfeld fast ungehindert nach Westen. Bei Höchst schloß sich ihm Landgraf Wilhelm von Hessen-Kassel an. Entlastungangriffe des Hessischen Heeres gegen die Taunusfestungen Reifenberg, Falkenstein, Kronberg und Königstein sicherten die Flanke des schwedischen Heeres bei dessen Vormarsch. Über Erfurt Würzburg und Hanau erreicht Gustav Adolf im November 1631 Frankfurt am Main, dem verfassungsmäßigen Mittelpunkt des Heiligen Römischen Reiches. Die Stadt selbst hatte nicht unter schwedischer Besatzung zu leiden; sie mußte lediglich 600 Schweden zum Schutz der Sachsenhäuser Brücke akzeptieren.

Landgraf Georg II. von Hessen-Darmstadt hatte seine Truppen nach Gießen zurückgezogen und verhandelte nun persönlich mit Gustav Adolf. Am 29. November 1631 überläßt Georg im Vertrag von Höchst die Festung Rüsselsheim den Schweden und erreicht dadurch, daß nicht nur seine Neutralität anerkannt , sondern auch seine Herrschaft über Oberhessen bestätigt wurde. Gustav Adolf entschied im Stile eines neuen Kaisers über die Neuverteilung deutscher Territorien.

Sicher spielten bei der bevorzugten Behandlung des Landgrafen von Hessen-Darmstadt auch politisch-diplomatische Gründe eine Rolle: als Schwiegersohn des Kurfürsten von Sachsen sollte die Behandlung Georgs die Politik des Sachsenfürsten für die schwedische Diplomatie kalkulierbarer machen. Die Konzessionen, die Gustav Adolf dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt machte, sind um so erstaunlicher, wenn man weiß, daß der Schwedenkönig den Landgrafen von Hessen-Darmstadt der Konspiration mit dem Wiener Hof verdächtigte. Bei den Verhandlungen vor dem Prager Friedensschluß zwischen dem Kaiser und dem Kurfürsten von Sachsen war Georg II. von Hessen-Darmstadt als Vermittler tätig und stand bei Gustav Adolf im Verdacht, für seine Vermittlungsbemühungen im Solde des Kaisers zu stehen. Bei einer spannungsgeladenen Auseinandersetzung warf ihm einst der Schwedenkönig vor: "Der noch etliche dreißigtausend Reichstaler zum Recompens bekombt, kan noch woll guett Kayserisch seyn".

Landgraf Wilhelm V. von Hessen-Kassel, der sich als einer der ersten deutschen Fürsten für ein Bündnis mit den Schweden bereiterklärt hatte, empfand die bevorzugte Behandlung seines Verwandten durch Gustav Adolf als Schmach und Undank; schließlich handelte es sich um einen Parteigänger des Kaisers und seinen größten Widersacher im Kampf um angestammte Territorien.

Nach einigen nie ganz beigelegten Mißverständnissen durften die Darmstädter zwar Oberhessen behalten, dafür erhielt der Landgraf von Hessen-Kassel als verbriefte Schenkung von Gustav Adolf die Stifte Hersfeld, Fulda, Paderborn und Teile Westfalens, - und das noch zu erobernde Bistum Münster.

Obwohl es bei dem Kampf bei der Umverteilung der territorialen Anteile Hessens für beide Familien um sehr viel ging, scheint sich die persönliche Feindschaft zwischen den Verwandten in Grenzen gehalten zu haben: im Oktober 1633 trafen sich die hessischen Fürsten auf Einladung Georgs II. zu Sauhatz in Nidda...

Mit dem Tode des Schwedenkönigs in der Schlacht bei Lützen im November 1632 brach die machtpolitische Plattform weg, auf der der Landgraf Wilhelm V. von Hessen-Kassel seine politische Strategie aufgebaut hatte. In der Folgezeit und der sich daran anschließenden militärischen Eroberungen kam es zu einem Wiedererstarken der Macht des Kaisers. Die konstruktive Diplomatie seines Sohnes, des Erzherzogs Ferdinand III., hatte die deutschen Fürsten zur Unterzeichnung des Friedens von Prag veranlaßt. Im Prager Friedensvertrag von 1635 war unter anderem festgelegt, daß die katholische Liga aufgelöst, und alle Truppen, auch die der evangelischen Fürsten (zum Beispiel die des sächsischen Kurfürsten Johann Georg), dem kaiserlichen Oberbefehl unterstellt wurden. Nie war der Kaiser Ferdinand II. in Deutschland mächtiger gewesen.

Durch diese neue Koalition deutscher Fürsten wurden alle diejenigen, die den Vertrag nicht unterzeicheten in die Rolle eines Friedensstörers und Verbündeten ausländischer Mächte gedrängt. Als Gegner des Kaisers und als Friedensstörer blieben nur der des Landes verwiesene Kurfürst von der Pfalz, der Herzog von Braunschweig-Lüneburg und der Landgraf von Hessen-Kassel übrig.

In dieser für ihn komplizierten politischen und katastrophalen finanziellen Situation ging Wilhelm V. ein Bündnis mit Frankreich ein.

Hatte sich Wilhelm durch die Weigerung zur Unterzeichnung des Prager Friedens als Außenseiter deutscher Politik gezeigt, so wurde er nun aufgrund des formellen Bündnisses mit Frankreich vom Kaiser zum Reichsfeind erklärt und Landgraf Georg II. von Hessen-Darmstadt zum Administrator Nordhessens berufen. 1637 wird Oberhessen in einer vom Kaiser gebilligten Strafaktion durch das kaiserliche Heer besetzt. Für die Bevölkerung begannen mit dem "Kroatenjahr" furchtbare Zeiten der Qualen .

Nach dem Tode des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen-Kassel übernahm 1637 dessen Gattin, Landgräfin Amalie Elisabeth die Regentschaft für ihren noch nicht volljährigen Sohn. Durch ihr außerordentliches diplomatisches Geschick und ihre zähe Verhandlungsführung brachte sie es sowohl bei ihren französischen und schwedischen Bündnispartnern als auch bei ihren politischen Gegenspielern am kaiserlichen Hof zu hohem persönlichen Ansehen.

Die Kasseler Landgräfin Amalie Elisabeth hatte in den Jahren 1639/40 mit Bündnisverträgen erreicht, daß Hessen-Kassel als selbstständige kriegsführende Macht anerkannt wurde. Ihr kleines Heer hatte in Westfalen und am Niederrhein militärische Erfolge zu verzeichnen, so daß sich die Landgräfin stark genug fühlte, den im Jahre 1627 geschlossenen Vertrag mit ihren Darmstädter Verwandten aufzukündigen. Ihre Absicht, Oberhessen, die Niedergrafschaft Katzenelnbogen und die Herrschaft Schmalkalden zurückzuerobern war klar, nur die formale Begründung fehlte, um diese Absicht auch militärisch durchzusetzen.

Nachdem sich die Landgräfin im August 1639 und im März 1640 den Beistand Frankreichs und Schwedens gesichert hatte, "kaufte" sie Rechtsgutachten von elf juristischen Fakultäten aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden ein. Die Rechtslage schien seit 1623 klar, denn seit dieser Zeit existierte ein Reichshofratsurteil, demzufolge der Anspruch Hessen-Darmstadt auf das ganze Marburger Erbe rechtens sei. Die von Amalie Elisabeth in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten bestätigten ihr allerdings, daß der Hauptakkord von 1627 sowohl aus formalen Mängeln (es fehlte eine Unterschrift), als auch aus naturrechtlichen Gründen wegen seiner maßlosen Forderungen nichtig war.

Am 6. März 1645 marschierten die Kasseler Truppen in Oberhessen ein. Die kampferprobte Kasseler Armee war den Truppen des Landgrafen Georg II. eindeutig überlegen. Damit war der "Hessenkrieg" eröffnet, der letzte erbitterte Krieg um das Marburger Erbe, den das ausgeblutete Volk in dem zerstörten Land über sich ergehen lassen mußte. Bei diesem Krieg ging es nicht allein um das an die Darmstädter Vettern verlorene Land, es ging auch um strategische Positionen bei den in Münster und Osnabrück beginnenden Friedensverhandlungen.

Seit 1644 wurden Friedensverhandlungen zwischen dem Kaiser und Frankreich in Münster und dem Kaiser und Schweden in Osnabrück geführt.

Allerdings konnten die Kasseler Gesandten, trotz politischer Unterstützung durch schwedische und französische Diplomaten, die hochgesteckten Forderungen ihrer Landesherrin nicht voll durchsetzen.

Als am 24. Oktober 1648 der "Westfälische Frieden" auch von den Kasseler Gesandten unterzeichnet wurde, war damit auch der ein halbes Jahr vorher vereinbarte "Einigungs- und Friedensvertrag" zwischen den beiden Teilen Hessens sanktioniert. Der 30jährige Krieg und der "Hessenkrieg" waren damit beendet.

Landgraf Georg II. von Hessen-Darmstadt verzichtete auf ein Viertel von Oberhessen mit Marburg. Außerdem mußte er auf alle bisher eroberten Territorien, darunter die von ihm annektierte Herrschaft Schmalkalden an Hessen-Kassel abtreten.

Von den weitgespannten Ambitionen der Darmstädter Landgrafen, die sich von der Bündnistreue zum habsburgischen Kaiserhaus außer dem Gesamterbe der Marburger Linie einen Teil der Konkursmasse des Pfälzer "Winterkönigs" und als Landbrücke nach Oberhessen die Grafschaft Solms und Isenburg versprochen hatten, war nicht viel geblieben. Zugewinn war lediglich das sogenannte Hinterland mit Biedenkopf, Battenberg und der Herrschaft Itter.

Innenpolitisch gab es enorme Schwierigkeiten beim Neuaufbau des Landes. Ende des 16. Jahrhunderts hatte Landgraf Georg I. die Teil-Landgrafschaft Hessen-Darmstadt zu einem lebensfähigen Staatsgebilde ausgebaut. Er hinterließ nach 30 Regierungsjahren eine funktionierende Verwaltung und eine blühende Residenz Darmstadt. 1648 zählte die in den letzten Kriegsjahren des 30jährigen Krieges schwer heimgesuchte Stadt Darmstadt nicht einmal 1.000 Einwohner...

Es war vor allen Dingen die ständige Finanznot, die den Landgrafen von Hessen-Darmstadt an einem gezielten Aufbau seines Landes hinderte. Silber und Juwelen des Landgrafenschatzes, die z.T. schon in den letzten Kriegsjahren nach Frankfurt verpfändet worden waren, konnten auch in den Folgejahren nicht wieder ausgelöst werden. Als der Landtag 1661 die Vertreibung der Juden aus den großen Städten erzwang, verschärfte sich das Problem der Geldbeschaffung. Die Juden waren in der Regel die Hauptgläubiger der Fürsten.

Somit wurde die Wiederbelebung der durch den Krieg verödeten Dörfer vorrangiges Ziel der landesfürstlichen Verwaltung. Ein Patent Georgs II. vom März 1650 rief die aus ihren Dörfern geflohenen Bauern zurück.

Alle Untertanen, die außer Landes gegangen waren, "sie seien in der Ehe oder noch ledigen Standes, Dienstknechte oder Dienstmägde, Leibeigene oder nicht ", sollten binnen sechs Monaten heimkehren, wenn sie nicht alle Besitzrechte verlieren wollten. Vielerorts erfolgte eine regelrechte Neubesiedlung. Bauern aus der Schweiz wurden durch brachliegendes Land angelockt und schlesische und elsässische Bergleute brachten die stillgelegten oder verfallenen Bergwerke wieder in Gang. Schneller als auf dem Lande vollzog sich der Wiederaufbau in den Städten.

Außenpolitisch versuchte sich Hessen-Darmstadt durch neue Bündnisse diplomatisch zu etablieren.

Landgraf Georg II. zog 1659 die Konsequenz aus dem enttäuschenden Ergebnis der kaiserfreundlichen Politik während des großen Krieges und trat am 18.6.1659 dem "Rheinbund" deutscher Fürsten bei, der sich gegen die Habsburger richtete. Die Allianz wurde unter Mitwirkung des Kasseler Landgrafen Wilhelm VI. am 15.8.1658 in Mainz gegeründet.

Als Landgraf Georg II. nach fast 35jähriger Regierungszeit am 21.6.1661 in seinem Schloß in Darmstadt starb, trat mit ihm "vielleicht die traurigste unter den traurigen Erscheinungen damaliger Reichsfürsten" [24] von der politischen Bühne Hessens ab.

Seinen sehr sorgfältig ausgebildeten Sohn, Landgraf Ludwig VI., erwarteten trotz erster Aufbauerfolge, in der Folgezeit große landespolitische Probleme.

Übrigens wurde Landgraf Friedrich, der jüngere Bruder des lutherischen Landgrafen Georg II. im Februar 1652 katholischer Kardinal...



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