HARRACH, Karl von

Wenn man die Vielzahl der Ämter und Würden betrachtet, die Graf Harrach innehatte, ahnt man, welcher ungeheure Filz an Ämtern, Titeln und Würden Entscheidungen am Hofe beeinflußt und behindert hat.

Der genaue Titel des Grafen Harrach lautete:

Karl, Graf zu Harrach, Freiherr auf Rohrau, Herr zu Stauff und Aschau, Pfandinhaber der Herrschaft Brugg an der Leyta und der Grafschaft Ungarisch Altenburg, Erbstallmeister in Österreich ober- und unterhalb der Ens.

Er bekleidete darüber hinaus Funktionen eines Niederösterreichischen Regierungsrates, Oberstallmeisters, Oberjägermeisters, Kämmerers, Kaiserlichen Kommissarius, Kaiserlichen Geheimen Rates u.s.w.

Karl von Harrach wurde 1570 als Sohn des Leonhard Harrach und der Gräfin Maria Jacobe von Hohenzollern geboren. Nach seiner Studienzeit unternahm er Reisen durch Europa um 1594 als Niederösterreichischer Regierungsrat und Oberstallmeister mit dem Erzherzog Ernst nach den Niederlanden zu reisen. Der Erzherzog sollte dort die Statthalterschaft übernehmen, starb aber kurze Zeit danach.

1595 kehrte Harrach an den kaiserlichen Hof zurück und diente zunächst Kaiser Rudolph, später Kaiser Matthias und zuletzt Kaiser Ferdinad II. als Ratgeber in höchsten Ämtern.

Sein Geschick bei diplomatischen und Vertragsverhandlungen und seine Loyalität zum Hofe brachte ihm das fast grenzenlose Vertrauen des jeweils regierenden Kaisers, insbesondere das Ferdinands II. ein, der ihn "die Treuherzigkeit selbst" nannte.

Er galt als verläßlich, höflich, tapfer und redlich; "sein Mund und sein Herz seien eins gewesen".

So vermittelte er im Streit um die Nachfolge zwischen den Brüdern Rudolph II., dem amtierenden Kaiser, und seinem Nachfolger Matthias.

Als durch die Verträge von Wien Matthias Chef des Hauses Habsburg wird und auch die Vollmachten über Krieg und Frieden in den Erblanden erhält, begleitete Harrach ihn auf dessen ungarischen Feldzügen. 1602 war er Berater bei der Niederschlagung der aufständischen Salinenarbeiter in Oberösterreich.

Auch die Streitigkeiten mit Venedig im Friauler Krieg konnte er durch Verhandlungen als Gesandter Kaiser Matthias beilegen.

Mit diplomatisch geschultem Blick erkannte er, daß mangels geeigneter Kandidaten, Ferdinand II. der Nachfolger Matthias werden wird. Bereits 1616, also zu einer Zeit, in der die politischen Ereignisse gegen Ferdinand sprachen, engagierte sich Harrach für dessen Nachfolge und bereitete gemeinsam mit Trautmannsdorf und Kardinal Klesl den Wahlsieg Ferdinands im August 1619 vor.

Harrach war wesentlich an der Gestaltung des sogenannten Oñate-Vertrages beteiligt. In diesem Vertrag bestätigt Erzherzog Ferdinand dem spanischen König Philipp III., der als Enkel Kaiser Maximilians II. Ansprüche geltend macht, die Erfüllung spanischer Forderungen im Reich und in Italien. Das war eine wesentliche Voraussetzung zur Durchsetzung der Ansprüche Ferdinands auf den Kaiserthron.

Als 1622 Harrachs Tochter, Katharina, mit dem Grafen Maximilian von Wallenstein, einem Vetter Albrechts, vermählt wurde, erschien sogar der Kaiser persönlich zum Hochzeitsfest.

Natürlich speiste der Kaiser an einem separaten Tisch!

Wie anerkannt die Position des Grafen Harrach gewesen sein mag, kann daraus abgeleitet werden, daß auch Botschafter des Papstes, Spaniens, Dänemarks, Sachsens, und Brandenburgs Geschenke übergaben und zwei Tage mitfeierten. Wenn man zur privilegierten Schicht gehört, stört das Elend vor der Tür nicht.

Die offenbar engen persönlichen Bindungen zum Kaiser finden ihren Ausdruck auch in einer besonderen Auszeichnung des Grafen Harrach durch den Kaiser:

Im Auftrag Ferdinands reist er der Braut des Kaisers, Eleonora von Mantua bis Insbruck entgegen, um sie bis Wien zu begleiten.

Den starken politischen Einfluß Harrachs auf den Kaiser dokumentieren auch die gemeinsamen Reisen zum Reichstag nach Regensburg 1622 oder 1625 nach Preßburg zu Verhandlungen mit Esterhazy über die künftige Nachfolge Ferdinands III.

In einer durch Titel, Amtsketten, Ämter und Würden geprägten Gesellschaft wurde die Stellung bei Hofe auch durch Handlungen bestätigt, wie z.B. die Grundsteinlegung eines Kapuzinerklosters in Brugg, die Harrach in Anwesenheit des Kaisers vornehmen durfte.

Die Erhöhung in den Grafenstand erfuhr Harrach offenbar erst durch Ferdinand II. nach Niederschlagung der böhmischen Unruhen. Denn erst bei der Übereignung konfiszierter Güter wird die Ernennung zum Grafen definitiv erwähnt.

Bei Regierungsantritt Ferdinands II. wurden alle Ämter Harrachs bestätigt. Er wurde, unter Vorsitz des Geheimen Rates Eggenberg, Mitglied des kaiserlichen Geheimen Rates, eine Art von Regierung in der Monarchie.

Insofern war es ein Glücksfall für Albrecht von Wallenstein, daß er im Sommer 1623 die zweite Tochter Harrachas, die 22jährige Isabella in zweiter Ehe heiratete. Wahrscheinlich hatte er sie über deren Schwester Katharina kennengelernt, zu der er ein sehr persönliches Verhältnis hatte. Sie, die mit seinem Vetter Max verheiratet war, nannte Wallenstein - entgegen seiner sonst so gepflegten persönlichen Distanz "Frau Caterle".

Durch diese Heirat öffneten sich für Wallenstein alle Türen am Hofe. Wallenstein war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr der arme böhmische Edelmann, der, wie in seiner ersten Ehe, eine gute Partie machte, sondern Wallenstein genoß in vielen Gesellschaftskreisen Einfluß und teilweise Beliebtheit.

Ihm gehörte ein Viertel von Böhmen; er war Lehnsherr von dreihundert Vasallen. Wallenstein stand bereits im Ruf, einer seiner Stellung übersteigenden Überheblichkeit und Anmaßung.

Wenn Wallenstein jemals Gefühle wie Zuneigung und Liebe entwickelt hat, dann wahrscheinlich im Zusammenleben mit Isabella. Sie soll "so fromm wie hübsch und schön wie klug" gewesen sein.

In der Literatur wird ihm in dem Zusammenhang bestätigt, daß er seine Frau mit "Ritterlichkeit und Achtung" behandelte.

Im gleichen Jahr wurde Wallenstein vom Kaiser zum Grafen von Friedland ernannt. Wenn man auch davon ausgehen kann, daß die Ernennung auf Anraten Harrachs erfolgte, muß man doch wissen, daß Standeserhöhungen ein wesentliches Element kaiserlicher Politik war, um sich Abhängigkeiten zu schaffen.

Daß Harrach nicht unbeteiligt an den Immobilienspekulationen Wallensteins nach der Enteignung der böhmischen Adligen ab 1620 war, kann aus der Tatsache abgeleitet werden, daß eine Klausel im Lehnsvertrag zwischen dem Kaiser und Wallenstein existierte, wonach das Herzogtum Friedland, falls das Haus Wallenstein ausstirbt, dem Geschlecht der Harrachs zufallen sollte.

Diese diplomatische Rückversicherung hat dem Hause Harrach jedoch nichts genutzt: Nach der Ermordung Wallensteins fielen diese Güter als Belohnung an einen Drahtzieher des Mordkomplottes, den Grafen Gallas. Der Haupterbe war Maximilian von Wallenstein, der Vetter des Ermordeten.

Harrach hatte noch eine dritte Tochter, die mit dem Grafen Trczka verheiratet war.

Sie ist es, die Schiller in seiner Wallenstein-Trilogie zu der "Gräfin Terzky" machte und ihr die Charakterzüge ihrer Schwiegermutter gab: Ehrgeiz und Energie. Trczka wurde bei dem Bankett auf der Burg in Eger in der gleichen Nacht des 25. Februar 1634 umgebracht, in der auch Wallenstein ermordet wurde.

Die Verzweiflungsschreie seiner Frau bei Erhalt der Todesnachricht ihres Gatten sollen Wallenstein zum Fenster seines Quartiers geführt haben, an dem er dann von Deveroux niedergestochen wurde.

Von den fünf Söhnen Harrachs heiratete der älteste Sohn die Tochter des noch einflußreicheren Ratgebers des Kaisers, die des Grafen Eggenberg.

Der zweite Sohn, Ernst Adalbert, wurde mit vierundzwanzig Jahren Fürst-Erzbischof von Prag. Später ist er zum Kardinal ernannt worden.

Der jüngste Sohn, Franz, entschied sich für die militärische Laufbahn und wurde von seinem Schwager Wallenstein protegiert.

Die Ermordung seiner Schwiegersöhne hat Graf Harrach nicht mehr erlebt. Er starb am 25. Mai 1628 in Prag, wie es heißt an der "Dörrsucht" und ist in Wien im Augustinerkloster begraben.



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