Königin Christina von Schweden

Als König Gustav II. Adolf von Schweden (1594-1632) im Dreißigjährigen Krieg in der Schlacht von Lützen fiel, war seine Tochter und Erbin Christina (1626-1689) erst 6 Jahre alt.

Eine Vormundschaftsregierung, zu der auch Axel Oxenstierna (1583-1654) gehörte, übernahm für die Minderjährige die Regierungsgeschäfte. Sie sollte auf Wunsch des Vaters "männlich" erzogen werden. Der Reichsrat befolgte diese Anordnung des verstorbenen Königs, trennte 1635 die Thronfolgerin von ihrer psychisch labilen Mutter Marie Eleonore von Brandenburg (1599-1655) und umgab sie ausschließlich mit männlichen Erziehern. Christina beherrschte einige Sprachen und galt zu ihrer Zeit als sehr gebildet und belesen. Sie rief international angesehene Gelehrte an ihren Hof nach Stockholm, wie beispielsweise den französischen Philosophen und Mathematiker René Descartes (1596-1650). Ob sie wirklich so intellektuell war, wie sie sich selbst gerne sah, wurde bereits zu ihren Lebzeiten manchmal bezweifelt. Nach ihrer Mündigkeitserklärung trat sie 1644 die Regentschaft als schwedische Königin an und wurde im Oktober 1650 in Stockholm feierlich gekrönt.

Als die Jesuiten vom Interesse der protestantischen Königin an der katholischen Religion hörten, sandten sie ihr aus Rom zwei naturwissenschaftlich gebildete Patres, die unerkannt am schwedischen Hof mit ihr Verbindung aufnahmen und diskutierten.
Sowohl von Frankreich als auch von Spanien versuchte man Einfluß auf die Königin auszuüben. Kaiser Ferdinand III. sandte den Grafen Raimondo Montecuccoli (1609-1680) zur Königin nach Stockholm und Spanien als heimlichen Sonderbotschafter Antonio Pimentel.
An den katholischen Höfen in Europa erhoffte man sich Erleichterungen für die Katholiken in Schweden, an eine Abdankung Christinas dachte niemand ernstlich. Doch die Königin wollte nicht heiraten, wie sie des öfteren erklärte, und auch in Schweden nicht mehr regieren.
Auf ihr Drängen wurde ihr Cousin Karl X. Gustav von Pfalz-Zweibrücken (1622-1660) als ihr Nachfolger ernannt.
Im Juni 1654 dankte sie in einer Zeremonie im Schloß von Uppsala offiziell ab.

Nach ihrem Verzicht auf den schwedischen Thron reiste die Königin im Sommer 1654 durch Deutschland nach Antwerpen, wo sie Erzherzog Leopold Wilhelm, Statthalter in den Spanischen Niederlanden, im Namen des spanischen Königs Philipp IV. begrüßte. Obwohl die Königin nach ihrer Abdankung nur mehr über wenig Einfluß und Geld verfügte, setzte man von habsburgischer Seite große Erwartungen in die protestantische - und daher neutral geltende - Christina. Sie sollte die Kurfürsten für ein Wahl Leopolds (I.) zum Römischen König und späteren Kaiser günstig stimmen und sich bei den Franzosen für einen Frieden mit Spanien einsetzen. Da sich die Königin bereits auf spanischem Gebiet aufhielt, bezweifelten die Franzosen ihre Neutralität. Bald vermutete man hinter der Abdankung Christinas und ihrer Reise in die Spanischen Niederlande mögliche Versprechungen vom spanischen Hof, wie eine Regentschaft in den Spanischen Niederlanden oder in Neapel. Zahlreiche Pamphlete und Flugblätter verleumdeten binnen kurzem mit üblen Angriffen die Königin und ihre sexuelle (eher lesbische) Dispositon.

Am 23. Dezember1654 übersiedelte die Königin von Antwerpen nach Brüssel, am folgenden Tag legte sie auf eigenen Wunsch in der königlichen Hauskapelle vor dem Dominikaner Juan Guêmes heimlich das katholische Glaubensbekenntnis ab.
Anwesend waren als Zeugen Erzherzog Leopold Wilhelm, Graf Montecuccoli für den Kaiser, Graf Pimentel, für die spanische Seite nahmen zusätzlich Graf Fuensaldaña und Antonio Navarro Burena teil.

Man wollte den Übertritt der Königin zur katholischen Religion noch streng geheim halten. Einerseits wollte Philipp IV. diesen katholischen Triumph nicht dem spanienfeindlichen Papst Innozenz X. (1574-1655) gönnen und andererseits bestand weiter Bedarf an ihrer Vermittlertätigkeit gegen Frankreich.

Erst im Mai 1655 erfuhr der frisch gewählte Papst Alexander VII. (1599-1667) offiziell davon.
Was letztendlich zu Christina’s Abdankung im Juni 1654, an die sie bereits seit einigen Jahren dachte, und zu ihrer Konversion zum katholischen Glauben führte, ist trotz umfangreicher biographischer Literatur schwer zu beantworten.
Bereits als junges Mädchen träumte sie davon, Italien und seine Kunstschätze kennenzulernen. Möglicherweise glaubte sie, daß der Katholizismus liberaler sei als der sie in Schweden umgebende orthodoxe Protestantismus.
Es war der Königin, wie sich bald herausstellte, kein tief empfundenes Bedürfnis gewesen, den katholischen Glauben anzunehmen. Sie lehnte geistliche Gespräche und Bücher ab, mied die Beichte und äußerte auf entsprechende Vorhaltungen, sie sei "keine Betschwester".
Mit ihrem äußerst unkonventionellen Benehmen befand sie sich häufig im Gegensatz zum strengen spanischen Hofzeremoniell, dadurch entstanden oftmals chaotische Zustände.

Im Februar 1655 übersiedelte die Königin aus dem Herzogspalast in das Palais d’Egmont in Brüssel und wohnte dort bis zu ihrer Abreise nach Rom im September 1655.
In Brüssel traf sie Prinz Louis II. von Condé (1621-1686), ihren langjährigen französischen Verbündeten im Dreißigjährigen Krieg, mit dem es gleichfalls zeremonielle Probleme gab. Die Königin litt unter chronischem Geldmangel und ihre persönliche Extravaganz, die sie ihr ganzes Leben beibehielt, führte zu ständigen finanziellen Schwierigkeiten, die durch schleppende Zahlungen aus Schweden verschärft wurden.

Im September 1655 verließ Christina Brüssel und trat ihre Reise nach Rom an, sie führte durch Deutschland (Köln, Frankfurt, Rothenburg, Nördlingen, Augsburg) nach Innsbruck.

In der dortigen Hofkirche bekannte sie am 3. November 1655 öffentlich ihren katholischen Glauben. Papst Alexander VII. wünschte, obwohl die geheime Konversion in Brüssel bereits kirchenrechtlich gültig war, ein öffentliches Glaubensbekenntnis. Ein offizieller Besuch oder Empfang der schwedischen Königin in Rom wäre ohne diese Zeremonie nicht möglich gewesen.
In Innsbruck umrahmten diese feierliche Konversion zahlreiche Festivitäten, welche den Tiroler Hof in große und lang anhaltende finanzielle Schwierigkeiten brachten.

Am 20. Dezember 1655 erreichte die Königin Rom und wurde dort von Papst Alexander VII. wie eine regierende Herrscherin feierlich empfangen.

Die Königin lebte meist in Rom, reiste zweimal nach Frankreich aber auch nach Schweden (1660, 1667) und hielt sich einige Zeit in Hamburg auf. In Rom gelang es den Franzosen, sie von Spanien weg auf ihre Seite zu ziehen. Da ihr die Regentschaft in Neapel von Spanien nicht eingeräumt wurde, versuchte Christina dieses Ziel über König Ludwig XIV. (1638-1715) zu erreichen.

Nach französischen Plänen sollte in Neapel ein Volksaufstand gegen die Spanier angezettelt werden und diese mit Hilfe der französischen Armee und der Unterstützung durch die Seemacht England endgültig aus Italien vertrieben werden.
Nach Christinas Tod wäre Neapel an Frankreich gefallen. Diese Pläne wurden wahrscheinlich durch den Neapolitaner Monaldesco, der sie auf ihrer Reise 1657 nach Frankreich begleitete, an Spanien verraten.
Christina griff zur Selbstjustiz und ließ ihn als Verräter eigenmächtig von ihren Bediensteten im Schloß von Fontainebleau ermorden, was ihrer Reputation nicht nur in Frankreich erheblich schadete.

Diese Tat minderte ihre Chancen auf Neapel, die ohnedies durch die Friedensverhandlungen zwischen Frankreich und Spanien wenig erfolgversprechend waren. Im Herbst 1668 bewarb sie sich erfolglos um die vakante polnische Königskrone. In Rom galt ihre große Zuneigung Kardinal Azzolino, den sie als ihren Erben und Nachlaßverwalter einsetzte. Nach ihrem Tod am 19. April 1689 wurde sie im Petersdom zu Rom begraben.

Literatur:

Findeisen, Jörg-Peter: Christina von Schweden. Frankfurt/M 1992

Stolpe, Sven: Königin Christine von Schweden. Frankfurt/Main 1962


Hinweis:
Diese Ausführungen zu der Biographie der Königin Christina von Schweden wurden freundlicherweise von
Frau Dr. Renate Schreiber , Wien, bereitgestellt.



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