Bernhard von Sachsen-Weimar

Bernhard von Sachsen-Weimar wurde am 16. August 1604 geboren. Bernhard hatte noch sieben Brüder.

Schon nach einem Jahr starb sein Vater Johann; nach 14 Jahren seine Mutter. Trotzdem erhielt Bernhard eine sorgfältige wissenschaftliche und theologische Erziehung und studierte von 1619 bis 1622 an der Universität Jena. Aber erstens waren die Zeiten zu unruhig für ein geruhsames Studium, zweitens die Mittel knapp und drittens machte ihm sein Bruder Wilhelm vor, wie man schnell militärisch und damit auch gesellschaftlich Kariere machen kann. Ein regierender Herzog von Sachsen-Weimar erhielt jährlich schätzungsweise 11.000 Gulden für sich und seinen Hofstaat zugesprochen. Seine Brüder je 6.000 Gulden - so viel, wie ein General monatlich einstrich; - ohne erpreßte Gelder versteht sich!

Schon 1622 trat Bernhard als Rittmeister unter dem Kommando seines Bruders in das Heer des Grafen Mansfeld ein. Ob es die Mittel und Methoden waren, mit denen Mansfeld seine Ziele duchsetzte, zwischenmenschliche Probleme oder ob es die komplizierte militärische Lage war, in der sich das Heer befand: Bernhard wechselte noch im gleichen Jahr zum Heer des Markgrafen Georg Wilhelm von Baden, der sich bisher aus Standesgründen geziert hatte, mit Mansfeld gemeinsame Sache zu machen.

Nach der verlustreichen Schlacht bei Wimpfen, bei der der Markgraf gegen Tilly und Cordova fast sein gesamtes Heer verlor, kehrt Bernhard 1622 nach Sachsen-Weimar zurück. Bereits 1623 kämpft er, diesmal unter Christian von Braunschweig , gegen Tilly bei Stadtlohn. Zu diesem Zeitpunkt beabsichtigte Christian, gemeinsam mit Mansfeld eine Schlacht gegen den heranziehenden Tilly zu versuchen; aber er wartete am verabredeten Treffpunkt vergeblich auf Mansfeld und wurde bei Stadtlohn, fünfzehn Kilometer vor der holländischen Grenze, von Tilly zur Schlacht gezwungen. Im Verlaufe der Schlacht verlor Christian 10.000 Soldaten, 16 Kanonen und die gesamte Munition. Christian konnte sich nur mit wenigen Offizieren, darunter Bernhard, nach Holland retten.

Nachdem Bernhard bisher ausreichend Erfahrungen mit verlorenen Schlachten sammeln konnte, bildete er sich nunmehr in Holland militärisch weiter aus. Als der Dänenkönig Christian IV. auf dem deutschen Kriegsschauplatz aktiv eingreift, tritt Bernhard 1626 in die Dienste des Dänenkönigs. Mal kämpfte er gemeinsam mit seinem damals bereits berühmten Bruder Johann Ernst in Westphalen, mal mit Mansfeld in Schlesien; immer entweder gegen Tilly oder Wallenstein .

Nach dem Tode seines Bruders kämpft er 1627 für Dänemark an der Elbe. Aber die Zeichen standen schlecht für Dänemark und damit auch für Bernhard. Bei Wagrien erleiden die Dänen eine Niederlage und Bernhard muß vor Wallenstein unter Verlust seines Gepäcks bis nach Fühnen fliehen.

Offenbar wurde Bernhard schon zu diesem Zeitpunkt von Wallenstein respektiert, denn Wallenstein schickte ihm das Gepäck nach!

1628 dankte Bernhard ab und unternahm Reisen. Aber schon 1631, als Schweden seine Interessen auf dem deutschen Kriegsschauplatz anmeldete, findet man Bernhard von Sachsen-Weimar als einen der ersten deutschen Fürsten unter den Fahnen Gustav Adolfs . Es kann unterstellt werden, daß sich Bernhard dem Schwedenkönig nicht nur aus rein materiellen Interessen angeschlossen hatte. Sicher reizte ihn auch die Möglichkeit, sich militärisch zu vervollkommnen. Schweden hatte zu dieser Zeit ein hochmotiviertes Heer von hoher Disziplin und neue taktische Verhaltensweisen z. B. der Reiterei entwickelt, die sich in der Schlacht bei Breitenfeld als militärisch überlegen herausstellen sollten.

Wegen seiner Tapferkeit in der Schlacht bei Werben, ernannte ihn Gustav Adolf zum Obristen seines Leibregimentes und entsandte ihn als Generalmajor zur Unterstützung des Landgrafen von Hessen-Kassel .

Der Landgraf von Hessen gehörte neben den verbannten Herzögen von Mecklenburg zu den Verbündeten der ersten Stunde, die sich Gustav Adolf Ende 1630 als Bündnispartner gegen alle diejenigen Fürsten verpflichtete, die für die Erstarkung Deutschlands eintraten.

Nach der Schlacht bei Breitenfeld marschierte das schwedische Heer nach Westen, in das Innere Deutschlands, im Triumph durch "die Pfaffengasse", die bisher verschont gebliebenen Gebiete der großen katholischen Bistümer. Bei Höchst schlossen sich ihm der Landgraf Wilhelm von Kassel und Bernhard von Sachsen-Weimar mit Verstärkungen an. Gemeinsam überschritten sie den Main und marschierten auf Heidelberg. Da bereits abzusehen war, daß im Winter für ein so großes Heer nicht genügend Verpflegung aufzutreiben sein wird, kehrte der größte Teil des Heeres um; lediglich Bernhard von Sachsen-Weimar wurde zurückgelassen, damit er sich mit der Einnahme von Mannheim die Sporen verdienen sollte. Durch die Einnahme Mannheims und die Erstürmung der Festung Marienburg bei Würzburg war Bernhards Position beim schwedischen König soweit gefestigt, daß er nicht nur zum engeren Freundeskreis Gustav Adolfs gehörte, sondern neben den schwedischen Feldherren Horn und Baner zum Befehlshaber eines eigenen Heeresteiles ernannt wurde.

1632 eröffnet Gustav Adolf seine militärischen Feldzüge gegen Bayern. Bernhard von Sachsen-Weimar bleibt zunächst zur Sicherung der Eroberungen am Rhein zurück. Nach der Schlacht bei Nürnberg im September 1632, gegen den erneut zum Oberbefehlhaber der kaiserlichen Truppen ernannten Wallenstein, übernimmt Bernhard die militärische Sicherung Frankens, als Gustav Adolf weiter nach Bayern zieht.

Gustav Adolf hatte sich zu diesem Schritt entschlossen, weil er wußte, daß Wallenstein sich in Sachsen mit Holk vereinigen wollte. Durch seinen Marsch nach Süden hoffte er, die beiden Heeresteile an einer Vereinigung zu hindern. Durch die Rückzugsbewegung Wallensteins nach Norden, sieht sich der Schwedenkönig jedoch genötigt, Wallenstein zu folgen, wenn er nicht das Risiko eingehen wollte, von seinen Nachschublinien abgeschnitten zu werden. Bernhard folgt ihm in den sächsischen Raum bis nach Lützen. Am 16. November 1632 kommt es zur Schlacht zwischen Wallenstein und Gustav Adolf, in dessen Verlauf der schwedische König tödlich verwundet wird.

Bernhard von Sachsen-Weimar, der zunächst den linken Flügel des schwedischen Heeres befehligt hatte, übernimmt nun den Oberbefehl. Obwohl einer der schwedischen Anführer, Knyphausen, Bernhard rät, die Schlacht nach dem Tode des Königs abzubrechen, zeigt sich Bernhard hier als geschickter Psychologe. Er ruft die Soldaten zur Rache auf und zum Kampf um den toten Körper des Königs. Weitere sechs Stunden wird der Kampf verbissen geführt. Es gelingt Bernhard, das Schlachtfeld zu behaupten.

Generationen von Historikern beschäftigten sich seitdem mit der Frage, wer der eigentliche Sieger der Schlacht war. Nach den damaligen Regeln hatte die Kriegspartei die Schlacht verloren, die entweder als erste das Schlachtfeld verließ, oder die Kanonen dem Feinde überlassen mußte. Bei Lützen konnten die Kaiserlichen die Kanonen am Abend nach der Schlacht nicht mit sich nehmen, weil sie keine Packpferde mehr besaßen. Die Schweden ihrererseits waren zu erschöpft, um das Feld zu räumen; sie schliefen in der Nacht nach dem Kampf vor Entkräftung auf dem Schlachtfelde ein.

In einem Schreiben von kaiserlicher Seite hieß es: "Sind beide Armeen wie zween beißende Hahnen voneinander geschieden, daß man also nicht recht sagen kann, ob einer oder der andere Teil das Feld erhalten (konnte)".

Die Bilanz der Schlacht waren über 9.000 Tote und Sterbende. Jede Seite beanspruchte damals den Sieg für sich, aber sowohl für den schwedischen König als auch für seinen militärischen Gegner Wallenstein war es die letzte Schlacht. Gustav Adolf starb noch auf den Schlachtfeld, Wallenstein wurde wenig später ermordet. (Die ersten Nachrichten an die protestantischen Fürsten über Lützen verheimlichten noch den Tod des Königs. Bernhard von Sachsen-Weimar meldete absichtlich nur, daß der König verwundet sei.)

In der Folgezeit blieb Bernhard den schwedischen Fahnen treu, obwohl der Kurfürst von Sachsen bestrebt war, ihn für seine Ziele zu werben. Die Ziele Johann Georgs waren damals entweder einen Sonder- oder einen allgemeinen Frieden mit dem Kaiser zu erreichen. Schwedens Ziele waren darauf gerichtet, die Führung der protestantischen Partei im Reich zu übernehmen.

Beide gaben vor, die Protestanten gegen die Katholiken schützen zu wollen; allein Frankreich wollte angeblich die Katholiken gegen die Protestanten verteidigen - und unterstützte sowohl Maximilian in seinen Machtbestrebungen als auch Schweden mit Subsidien von halbjählich 500.000 Livres.

Mit der Gründung der Heilbronner Liga im März 1633 wurden alle Ansätze eines Friedens zunichte gemacht. Die Heilbronner Liga war der Zusammenschluß eines Teils der protestantischen Reichsstände unter Führung des schwedischen Reichskanzlers Oxenstierna. Es war der (letztlich gescheiterte) Versuch des Okkupators, eine Spaltung des Reiches auf konfessioneller Basis herbeizuführen. Der Versuch, den wichtigsten Vertreter der Protestanten, den sächsischen Kurfürsten Johann Georg für die Heilbronner Liga zu gewinnen, scheiterte an einem Brief des Kurfürsten, in dem er alle ehrlichen Deutschen vor ausländischen Scheinverbündeten warnte.

1633 eroberte Bernhard Höchstedt, drängte den bayerischen General Jean de Werth aus dem Altmühltal und drang im Verein mit Horn in Bayern ein. Aldringer, der sie aufhalten soll, wird nach München zurückgedrängt, und ein großer Teil seiner erschöpften Truppen ergeben sich dem schwedischen Heer.

Im selben Jahr wurde auch Eichstädt erobert. Zum Glück für Maximilian von Bayern zerstritten sich Horn und Bernhard, so daß ihm eine totale Niederlage erspart blieb. Seit längerer Zeit bestanden zwischen beiden Feldherren tiefgreifende politische und strategische Meinungsverschiedenheiten, die die militärische Schlagkraft des schwedischen Heeres durch mangelhafte Koordination der Feldzüge ernsthaft schwächte.

Bernhard begnügte sich nicht mehr nur mit militärischem Ruhm. Schon vor der Schlacht bei Lützen hatte Bernhard ein unabhängiges Kommando verlangt. Er war ebenso wie Horn ein der schwedischen Krone unterstellter Feldherr. Beide unterschieden sich z.B. darin, daß Bernhard die Unverschämtheit besaß, schon zur Lebzeiten Gustav Adolfs zu behaupten, der schwedische König sei auf seine Leistungen eifersüchtig.

Bernhard von Sachsen-Weimar war ein schwieriger Charakter, aber es stand außer Zweifel, daß er aufgrund seines Talents ein würdiger Nachfolger Gustav Adolfs war. - Und er war sich dessen bewußt.

Als sich im Sommer die beiden Feldherren Horn und Bernhard an der bayerischen Grenze trafen, verlangte Bernhard selbstbewußt den Titel eines Generalissimus. Horn war weniger anmaßend, aber ebenso hartnäckig und gestand ihm nur den Titel eines Generalleutnants zu...

Im Sommer 1633 forderte Bernhard von Sachsen-Weimar in Frankfurt am Main von Oxenstierna , dem politischen Erben Gustav Adolfs, die Einlösung der Versprechnungen des Schwedenkönigs: das Herzogtum Franken und den Oberbefehl über das Heer. Er erhielt das Patent, das ihn zum Herzog von Franken unter schwedischer Krone machte. Das Herzogtum Franken bestand aus den Bistümern Würzburg und Bamberg; jedoch ohne die mächtigen Festungen Würzburg und Königshofen. Die blieben als militärischer Stützpfeiler für den Ernstfall im schwedischen Besitz.

Aber auch die Franzosen hofierten Bernhard. Das löste bei den Schweden Besorgnis aus, denn gleichzeitig wurden auch die Zuwendungen Frankreichs für die schwedischen Heere nicht mehr pünktlich gezahlt.

Im gleichen Jahr ziehen die Heere Bernhards und Horns gemeinsam nach Donauwörth. Während Horn weiterzieht, um Konstanz und Breisach zu belagern, stehen sich die Heere Bernhards und Aldringers gegenüber. Aldringer weicht jedoch einer Schlacht aus; er zieht sich nach Oberschwaben zurück, um sich mit Feria zu vereinigen. Bernhard und Horn versuchen bei Stockach erneut Aldringer zur Schlacht zu zwingen, aber wieder weicht dieser Richtung Breisach aus. Es gelingt Aldringer sogar, vereint mit Ferias, im Oktober Ravensburg, Konstanz und Breisach zu befreien. Daraufhin marschiert Bernhard auf Regensburg. Die Bürgerschaft von Regensburg war zumeist evangelisch und haßte die Bayerische Besatzung, die von ihnen monatlich 40.000 Gulden erpreßte. Selbst Maximilian sprach ständig vom "schwedischen Regensburg", dessen Bewohner undankbar seien und exorbitante Preise für ihre Waren von der Besatzung verlangten.

Innerhalb von 12 Tagen, am 15. November 1633, ist diese von den Bayern als strategisch wichtig angesehene Stadt durch die Truppen Bernhards eingenommen. Die Bürger empfingen Bernhard mit Jubel.

Die Hilferufe Maximilians an Wallenstein verhallten ungehört, weil dieser nicht an die Gefahr glaubte - bis es zu spät war. Allerdings wurde die militärstrategische Bedeutung Regensburg als Tor nach Bayern immer überschätzt. Selbst Tilly mahnte noch auf dem Totenbett die Sicherung Regensburg an. Für Bernhard blieb die Einnahme dieser Stadt ohne strategische Wirkung. Nicht militärisch und nicht politisch; nicht im November 1633 und auch nicht später. Nach kleineren militärischen Geplänkel entlang der Donau, gab Bernhard den Gedanken an eine Eroberung Bayern wieder auf.

Die vorsätzlichen Verwüstungen durch Bernhards Truppen und entsetzlichen Ausschreitungen der kaiserlichen Soldateska führten zum bewaffneten Kampf der bayerischen Bauern. Sie besitzen nichts mehr, also haben sie im Kampf auch nichts zu verlieren. Die Städte Fürth, Bayreuth, Calw und Eichstädt sind zerstört; die abgebrannten Dörfer zählt niemand mehr.

Zu dieser Zeit befindet sich der englische Botschafter und sein Gefolge auf der Reise nach Regensburg. Seine Berichte schildern den Alptraum:

"Von Köln bis hierher sind alle Städte, Dörfer und Schlösser in Trümmern, ausgeraubt und niedergebrannt...." in Neunkirch "fanden wir bei unserer Ankunft ein brennendes Haus und keine Seele im Dorf,.." später stolperten sie über zwei Leichname, von denen einer "frisch aus dem Grab gescharrt worden war." In Neustadt "das einst eine schöne Stadt war, aber jetzt ausgeplündert und jämmerlich niedergebrannt..., sahen wir fast verhungerte Kinder auf den Türschwellen sitzen..."

Als Aldringer versucht, im Lande Winterquartier zu beziehen, kommt es zu allgemeinen Erhebungen. Es ist jedoch kein Kampf gegen die Regierung, sondern gegen die Last der Einquartierung, denn die von Bernhard angebotene Hilfe wird von den Aufständischen abgelehnt.

In dieser Zeit finden erste Kontakte zwischen Wallenstein und Bernhard von Sachsen-Weimar statt. Die Kontakte werden durch Franz Albrecht von Sachsen-Lauenburg hergestellt, der als kursächsischer General bereits im Auftrage Arnims mit Wallenstein verhandelte. Im Februar 1634 teilt ihm Franz Albrecht die Absetzung Wallensteins mit und dessen Entschluß, zur evangelischen Partei überzugehen. Bernhard ist mißtrauisch und zögert. Er weiß, daß schon früher Thurn und Duwall in Schlesien von Wallensteins getäuscht worden sind. "Für den Herzog von Friedland werde er keinen Hund satteln lassen " soll er geantwortet haben, als ihn Franz Albrecht dringend um Unterstützung bat. Als sich Bernhard am 27. Februar, wenn auch zögerlich, doch dazu entschließt, Richtung Eger aufzubrechen, erreicht ihn die Nachricht von der Ermordung Wallensteins.

Bernhard versucht daraufhin aus der Not eine Tugend zu machen und die Verwirrung im Lager Wallensteins zur Eroberung Pilsens auszunutzen. In Pilsen vermutete er zu Recht umfangreiche Artilleriebestände. Aber die Verwirrung und der Aufruhr im kaiserlichen Heer hat nicht die Ausmaße erreicht, die Bernhard vorausgesetzt hat. Er bricht seinen Vormarsch ab und kehrt um, um Kronach zu belagern. Bei einer Begegnung in Frankfurt notiert später der diplomatische Unterhändler Richelieus, der Marquis de Feuquiéres, daß Bernhard den Tod Wallensteins offenbar nicht sonderlich bedauere. Überhaupt ist das Jahr 1634 für Bernhard das Jahr der Fehlschläge. Die Folgen der Pest und der Hungersnöte hinderten Bernhard zunächst an militärischen Aktivitäten.

Im Spätsommer 1634 befindet sich der spanische Kardinalinfanten mit 20.000 Mann Verstärkung auf dem Wege von Italien nach Süddeutschland. Horn plante, sich dem spanischen Heer am Südufer des Bodensees, bei Überlingen, entgegenzustellen. Nur widerstrebend läßt sich Horn von Bernhard dazu überreden, seine Stellung aufzugeben, um gemeinsam das kaiserliche Heer zur Schlacht zu zwingen, solange die kaiserlichen und spanischen Heere noch getrennt waren. Die Argumente Bernhards waren überzeugend: der neue Oberkommandierende, Ferdinand III. besaß noch keine militärischen Erfahrungen; sein General Gallas hatte sich verstärkt dem Suff ergeben und - Arnim war mit dem sächsischen Heer in Böhmen eingefallen und marschierte auf Prag. Somit mußte sich Ferdinand entscheiden, ob er Prag verteidigen oder dem spanischen Kardinalinfant entgegenmarschieren sollte.

Am 12. Juli vereinigte sich die Truppen Bernhards mit Horns. Das gemeinsame Heer besteht aus 20.000 Mann und marschiert gegen die bayerisch-böhmische Grenze. Dadurch soll der Eindruck erweckt werden, daß man sich Arnim in Böhmen anschließen wird. Aber Ferdinand behält die Nerven; unbeirrt marschiert er auf Regensburg, während Bernhard und Horn auf ihrem Vormarsch am 22. Juli 1634 Landshut stürmen. Die gesamte bayrische und Teile der kaiserlichen Reiterei werden vernichtet. Aldringer, der den Belagerten zu Hilfe eilen will, kommt zu spät. Bei dem Versuch, in die umkämpfte Stadt einzudringen, kommt er um; wahrscheinlich wurde er von seinen plündernden Kroaten umgebracht.

Der Sieg ist aufsehenerregend, aber Ferdinand läßt sich nicht von seinem Kurs abbringen.
Kaum war Landshut gefallen, gelang es den Kaiserlichen, Regensburg einzunehmen.

Nach den militärtaktischen Regeln dieses Krieges hätte sich jetzt Ferdinand zur Verteidigung Prags zurückziehen müssen; zumindestens erwarteten das seine Gegner.

Aber Ferdinand erwies sich als Stratege: er hatte mit der Einnahme Regensburgs die Verbindungslinien der protestantischen Heere unterbrochen - und marschierte weiter nach Westen. Es war ein großes Wagnis, Böhmen preiszugeben, aber seine Rechnung ging auf: Bernhard und Horn machten kehrt und marschierten ihm nach; Arnim zog sich daraufhin von Prag zurück und wartete die weitere Entwicklung erst einmal ab.

Am 16. August überschritt Ferdinand mit seinem Heer die Donau bei Donauwörth, um die Stadt anzugreifen. Einige Tage später wurde die Stadt von den kaiserlichen Truppen eingenommen. Die spanischen Truppen waren vom Schwarzwald her im Anmarsch. Aber Ferdinand hatte ein Problem: in Nördlingen, unweit von Donauwörth lag eine starke schwedische Besatzung. Auf seinem Marsch in Richtung Westen hätte er sich einem Flankenangriff ausgesetzt. Als am 26. August 1634 Bernhard und Horn das kaiserliche Heer bei Nördlingen eingeholt hatten, sahen sie die Stadt von 15.000 Mann belagert. Sie selbst verfügten zwar über 20.000 Mann, aber das Gelände war für einen Angriff mit gleichstarken Truppen ungeeignet. In der Gegend um Nördlingen war selbst ein einzelnes Heer schwer zu verpflegen. Bernhard und Horn hofften daher, daß sich Ferdinand aus Mangel an Verpflegung kampflos zurückziehen werde.

Ferdinand hatte jetzt nur zwei Möglichkeiten: hungernd auf das spanische Heer warten oder Gefahr laufen, bei einem Rückzug vernichtet zu werden. Ferdinands wartete, seine Kanonen beschossen weiter Nördlingen, und sein Heer hungerte. In der Zwischenzeit konnte der Kommandeur der schwedischen Besatzung Nördlingens nur mit Mühe eine Übergabe der Stadt durch die Bürger verhindern. Fast zehn Tage lang sah Bernhard nachts die Notraketen aufsteigen, aber ohne ausreichende militärische Verstärkung war keine Hilfe möglich. Die Verstärkung kam - aber für Ferdinand. Am 2. September jubelten die Kaiserlichen; die Spanier waren auf Sichtweite herangerückt.

Bernhard und Horn hatten sich nun zwischen einem militärischen Wagnis und einer politischen Notwendigkeit zu entscheiden. Soviel war klar: nach der Übergabe von Regensburg und Donauwörth würde der Fall Nördlingens die protestantischen Verbündeten der Heilbronner Liga stark erschüttern und zum Spielball ausländischer insbesondere französischer Interessen werden lassen. Für Bernhard und Horn war ein Rückzug unter diesen Voraussetzungen ausgeschlossen. Horn bemühte sich, eine Schlacht in Unterzahl zu vermeiden. Die vereinten kaiserlichen und spanischen Heere verfügten über 20.000 Fußsoldaten und 13.000 Reiter. Die spanische Infanterie war vorzüglich ausgebildet und diszipliniert. Die vereinten protestantischen Truppen konnten 16.000 Fußsoldaten und 9.000 Reiter aufbieten, die zudem unter Nachschubmangel litten. Die erschöpfte schwedische Besatzung von Nördlingen war für eine Schlacht ohne militärische Bedeutung.

Bernhard drängte um jeden Preis auf eine Entscheidungsschlacht. Er, der sonst militärisch so umsichtig und besonnen war, wollte es nicht wahr haben, daß ihm die kaiserlichen Truppen zahlenmäßig überlegen waren. Selbst als man ihm einen gefangenen spanischen Major vorführte, der auf die Frage nach dem Umfang der Verstärkung wahrheitsgemäß 20.000 Mann nannte, wollte Bernhard ihn hängen lassen, weil er von einer optimistischen Zahl von 7.000 Mann ausging; - ausgehen wollte.

Die Vorbereitungen zu der Schlacht begannen schon in der Nacht zum 6. September 1634.

Bernhard und Horn kamen in nächtlicher Beratung zu dem Schluß, zunächst durch die Truppen Horns die Hügelrücken vor Nördlingen zu besetzen und am Morgen gemeinsam anzugreifen. Bei den Vorbereitungen zur Schlacht ging alles schief, was schief gehen konnte. Troßwagen und Kanonen blieben im Schlamm stecken und Befehle wurden ins Gegenteil verkehrt. Das Wort Gemeinsamkeit wurde durch die gegenseitige Eifersucht der beiden Feldherren zur Worthülse und obwohl während der Schlacht keiner den anderen vorsätzlich im Stich ließ, gab nach der Schlacht jeder dem anderen die Schuld an der Niederlage.

Auf der Gegenseite hatten die beiden Erzherzöge eine glücklichere Lösung der Doppelverantwortung gefunden, und die disziplinierten spanischen Truppen ergänzten die Angriffe der kaiserlichen in hervorragender Weise. Die Spanier zählten während der siebenstündigen Schlacht fünfzehn Angriffe der schwedischen Truppen. Zur Mittagszeit waren Horns Truppen am Ende ihrer Kräfte. Horn schickte eine Meldung an Bernhard, daß er sich hinter die Linien Bernhards auf einen Hügel zurückziehen werde, um sich für die Nacht zu verschanzen. Er ging davon aus, daß er bei seinem Manöver Flankenschutz bekommen würde. Das war aber offenbar der Augenblick, auf den die Kaiserlichen und Spanier gewartet hatten. Sie verließen ihre Stellungen und griffen konzentriert Bernhards Truppen an. Obwohl Bernhard fluchend versuchte, seine schweißtriefenden Kanoniere an der Flucht zu hindern, war das Chaos total.

Horns erschöpfte Truppen, die sich gerade hinter den Linien in einem Tal befanden, prallten mit den Fliehenden zusammen. Man behinderte sich gegenseitig; Pferde verkeilten sich und stürzten, der Staub behinderte die Orientierung und nur die heisernen Schreie der Spanier, ihr "Viva Espana", zeigten an, wo der Sieger stand.

In Heilbronn sammelten sich die Trümmer der geschlagenen Schweden. Bernhards Pferd war unter ihm erschossen und ihm gelang - obwohl verwundet - die Flucht mit einem Pferd eines seiner Dragoner.

Die Verluste der Schweden waren erheblich. Die Sieger gaben sie mit geschätzten 17.000 Toten und 4.000 Gefangenen an. Unter den Gefangenen war auch Horn. Bernhard war nun alleiniger Oberbefehlshaber der Trümmer der schwedischen Truppen. Er hatte sich seinen Traum des militärisches Oberbefehls erfüllt, aber alles andere verloren; selbst sein Herzogtum Franken. Es war das Ende für Schwedens militärische Autorität. Bernhard sandte an alle in Franken und Württemberg verstreuten Besatzungen Befehle, sich mit den fliehenden Truppen am Rhein zu sammeln. Das bedeutete den Rückzug in eine Verteidigungsstellung, die nunmehr 240 Kilometer weiter westlich lag als der ursprüngliche Frontverlauf und die Aufgabe Frankens. Und es bedeutete die Aufgabe der Verbindungen zu dem schwedischen Heeresteil unter Baner in Schlesien und zu den Sachsen unter Arnim.

Ohne die Bevormundung durch die Schweden hatte nun der sächsische Kurfürst Johann Georg freie Hand für seine Verhandlungen mit dem Kaiser, die ein Jahr später mit dem Frieden von Prag ihren diplomatischen Höhepunkt fanden.

Der Sieg der katholischen Truppen bei Nördlingen wird vielfach in seinen Auswirkungen gleichgesetzt mit dem Sieg der Protestanten unter Führung Gustav Adolfs 1631 bei Breitenfeld.

Die Schlacht bei Nördlingen war militärisch vielfach dramatischer als es damals die Schlacht bei Breitenfeld für die Kaiserlichen war, und sie war für die protestantische Sache verhängnisvoller.

Militärisch bedeutete sie das Ende der schwedischen und den ruhmvollen Höhepunkt der spanischen Armee. Aber sie brachte nicht den langersehnten Frieden. Diplomatisch ging die Initiative für die protestantische Sache auf Richelieu über; für Deutschland eine Tragödie. Obwohl das Ansehen des Hauses Habsburg seinen Höhepunkt erreicht hatte, begann nun der offene Kampf zwischen den Bourbonen und den Habsburgern.

Der Sieg hatte die Moral der kaiserlichen Truppen wiederhergestellt. Die protestantischen Städte fielen den vorrückenden Kaiserlichen unter Werth, Piccolomini und Isolani wie reife Früchte in den Schoß: am 15. September fällt Göppingen; am 16. September Heilbronn; am 18. Waiblingen; am 20. September zieht Ferdinand in Stuttgart ein und unterstellt ganz Württemberg der Gewalt des Kaisers. Piccolomini und die Spanier nehmen am 18. September Rothenburg, überschreiten am 19. den Main und erobern am 30. September Aschaffenburg. Bereits im Januar 1635 versuchte Bernhard vergeblich, Aschaffenburg zurückzuerobern. Daraufhin setzte er über den Rhein und eroberte Speyer. Als seinerseits Gallas über den Rhein sezte, mußte sich Bernhard mit den Resten des Heeres im Juni 1635 bis an die französische Grenze zurückziehen und tatenlos zusehen, wie Nürnberg, Ulm, Frankfurt am Main, das Heidelberger Schloß und Worms von den Kaiserlichen erobert wurden.

Erst als Frankreich Spanien und seinen Verbündeten den Krieg erklärte, konnten die Schweden und damit auch Bernhard mit verstärkten Hilfen der Franzosen rechnen. Im Vertrag von Paris verpflichtete sich im November 1634 Frankreich, 12.000 Mann und 500.000 Livres für den Fall bereitzustellen, daß u.a. der katholische Glaube in Deutschland auch unter schwedischem Einfluß gesichert bleibt, einige Städte im Elsaß französisch bleiben und kein Waffenstillstand oder Friede ohne französische Zustimmung geschlossen werden sollte.

Nachdem Bernhard 1635 Mainz eingenommen hatte, mußte er sich aber erneut zurückziehen; Hunger und Seuchen hatten sein Heer zu stark geschwächt, um dem mit 40.000 Mann anrückenden Gallas eine Schlacht liefern zu können. Er mußte sich unter ständigen Angriffen bis Metz zurückziehen. Allerdings zeigte er sich auch in Rückzugsgefechten als Meister. In Lothringen war sein Heer bereits auf 35.000 Mann angewachsen. Jetzt war er bereit, Gallas eine Schlacht zu liefern. Gallas dachte aber das Heer Bernhards auszuhungern und verschanzte sich bei Mariemont. Ein elementarer Fehler des unfähigen Gallas, denn im November mußte er sich mit seinem nunmehr ausgezehrten Heer nach dem Elsaß zurückziehen. Es gelang ihm allerdings noch, Elsaßzabern zu erobern. Daraufhin gingen die Städte Frankenthal und Mainz zu den Kaiserlichen über. Von den umfangreichen Eroberungen der Schweden blieben nur noch Hanau und einige von den Franzosen im Elsaß eroberten Städte übrig.

Die politische und militärische Lage hatte sich in den Jahren 1634/1635 zu Gunsten des Hauses Habsburg und seiner katholischen Parteigänger entwickelt.

Den protestantischen Fürsten blieb nichts anderes übrig, als die Konventionen des Prager Friedens zu akzeptieren.

Nach der Schlacht bei Nördlingen schien es kurzzeitig eine Zeitspanne des militärischen und politischen Gleichgewichts zu geben. Keine der bisher aktiven europäischen Mächte war in der Lage, der machtpolitischen Entwicklung eine entscheidende Wende zu geben. Es war die letzte Möglichkeit für einen Frieden in Deutschland, aber keine der beteiligten Parteien wollte den Frieden wirklich; der Kurfürst von Sachen vielleicht ausgenommen. In dieser Atempause vor dem letzten Kräftemessen versuchte jede Seite sich die Ressourcen und Führungspersönlichkeiten zu sichern, die für einen Erfolg notwendig erschienen. Das Haus Habsburg konnte sein militärisches Übergewicht nach Nördlingen nicht ausbauen, da der spanische Teil der Truppen danach gegen die Niederlande kämpfte. Die schwedischen Mittel waren aufgebraucht, und nur mit französischer Unterstützung konnten die Heeresteile notdürftig bezahlt werden. Und die diplomatischen Aktivitäten Richelieus standen in keinem Verhältnis zu der militärischen Stärke Frankreichs.

Das war die Zeit des Bernhard von Sachsen-Weimar. Er spielte seine Karten rücksichtslos aus und er hatte gute Karten: sowohl vom Kurfürst von Sachsen als auch vom Kaiser lagen ihm Angebote für ein Oberkommando vor. Frankreich versuchte in Geheimverhandlungen ihn und sein Heer zu kaufen. Er nahm, was sich ihm bot: er wurde Oberkommandierender der Heilbronner Liga in Deutschland und Oberkommandierender des Königs von Frankreich. Die hilflosen Politiker der Heilbronner Liga sicherten ihm, den unentbehrlichen Söldnerführer, unter diesen Bedingungen zu, was er wollte: er forderte unabhängige Machtbefugnis, nach seinem Belieben Krieg zu führen und Kontributionen einzutreiben und eine zufriedenstellende Absicherung im Falle eines Friedens.

Richelieu unterzeichnete im Oktober 1635 in St. Germain en Laye einen Vertrag mit Bernhard, dessen Klauseln später sowohl von Richelieu als auch von Bernhard unterschiedlich ausgelegt wurden und dessen Interpretation sehr viel später ganze Generationen von Historikern beschäftigte. Der Vertrag selbst stellt vom Inhalt und Umfang her eine neue Qualität von Verträgen zwischen Nationen und Söldnerführern dar. Dem Vertrag zufolge, verpflichtete sich Frankreich, Bernhard ein Heer aus 6.000 Reitern und 12.000 Fußsoldaten zu finanzieren. Dafür versprach ihm die französische Regierung jährlich vier Millionen Livres, außerdem einen persönlichen Zuschuß von 200.000 Livres und den Oberbefehl über alle zukünftigen Hilfstruppen. Bei einem Friedensschluß sollten alle seine Auslagen beglichen werden und er eine jährliche Pension von 100.000 Livres erhalten.

In einer Geheimklausel wurden Bernhard die Grafschaft Hagenau und die Landgrafschaft Elsaß mit allen Rechten der vorherigen Besitzer zugesprochen. Elsaß war jedoch noch Reichsgebiet und Richelieu ging davon aus, daß Frankreich das Elsaß als Lehen erst dann vergeben könne, wenn es vorher von Bernhard für Frankreich erobert und damit unter französischer Oberhoheit gestellt worden wäre. In diesem Punkt vertrat Bernhard später einen abweichenden Standpunkt.

Diese unterschiedlichen Standpunkte insbesondere zu den territorialen Fragen, veranlaßten später deutsche Nationalisten, Bernhard von Sachsen-Weimar Absichten zu unterstellen, die ihn zum deutschen Patrioten hochstilisierten. Seiner Position als deutscher Feldherr war er sich stets bewußt. Ob sich diese Position aus dem Selbstbewußtsein eines deutschen Fürsten oder aus der grundsätzlichen Ablehnung jeglicher Vormundschaft ableitete, sei dahingestellt. Um die auch von Richelieu befürchtete nationale Komponete im Charakter Bernhards zu neutralisieren, versuchte dieser, Bernhard durch Heirat mit seiner Nichte in den französischen Adel einzubinden. Bernhard begleitete die junge Dame zwar einige Male ins Theater, aber der Plan Richelieus ging nicht auf.

Die historisch interessierende Frage was denn Bernhard eigentlich erreichen oder politisch bewegen und beeinflussen wollte bleibt auch in Zukunft unbeantwortet, denn selbst sein späteres Testament bietet keine Ansätze eines politischen Standpunktes.

Bernhard von Sachsen-Weimar übte zu diesem Zeitpunkt einen ähnlich starken Einfluß auf die weitere Entwicklung aus, wie Wallenstein vor seiner Ermordung. Und ähnlich wie Wallenstein starb Bernhard, bevor er seine Pläne vollenden konnte. Er unterschied sich jedoch in einem wichtigen Punkt von Wallenstein: er besaß nicht die Hilfsquellen Wallensteins, und er mußte als unbegüteter Adliger darauf bedacht sein, Landbesitz zu erwerben.

Richelieu besaß unter der Führung Bernhards in den Jahren nach 1635 ein ähnlich kampfstarkes Heer wie der Kaiser, aber er konnte sich nicht völlig darauf verlassen. Andererseits konnte er aber auch sicher sein, daß Bernhard seine eigene Zukunft nicht durch unüberlegte Handlungen gefährden wird. Die einzige Gefahr für diese Koalition war die Beschaffung der versprochenen Gelder durch Richelieu. Der Kardinal äußerte einmal: Frankreich leide an vier Übeln, "dem ungezügelten Ehrgeiz Spaniens, den Ausschweifungen des Adels, dem Mangel an Soldaten und dem Fehlen jeglicher Geldreserven für die Kriegsführung".

Die nötigen Mittel verauslagte der Lyoner Bankier Bartholomäus Herwarth, ein Nachfahre der berühmten Augsburger Kaufmannsfamilie. Später stieg Herwarth bis zum Generalkontrolleur der königlichen Finanzen auf.

Da die Hilfsgelder nicht regelmäßig eingingen, mußte Bernhard in Paris die Unterstützungen nicht nur anmahnen, sondern oft selbst abholen. Von diesen Besuchen am Hofe sind einige Episoden überliefert, die auch Bernhards Auftreten charakterisieren: Die höfischen Regeln schrieben vor, dem König mit entblößten Haupt zu begegnen, während der König kurzzeitig seine Kopfbedeckung als Zeichen des Respekts vor der ihm vorgestellten Person lüftete. Sich anschließend in Anwesenheit des Königs wieder den Hut aufzusetzen, galt (übrigens auch am Hofe des deutschen Kaisers) als Privileg freier Reichsfürsten. So auch in Paris: Bernhard wurde dem König ohne Hut vorgestellt. Als der König seinen Hut aufsetzte, bedeckte auch Bernhard sein Haupt; schnell lüftete der König seinen Hut, - Bernhard auch. Und so weiter. Verwirrt brach der König das Gespräch ab und begab sich in seine Gemächer. Bei späteren Gesprächen blieben beide ohne Hut...

Pater Josef, ein einflußreicher Vertrauter des Kardinals, versuchte seinerseits die Konversation mit Bernhard durch gescheite Belehrungen über die Eroberungen von Festungen in Gang zu bringen. Die direkte und unmißverständliche Korrektur dieser vorgetragenen Meinung durch Bernhard reduzierte zukünftige Gespräche auf das Wesentliche: die Zukunft Bernhards von Sachsen-Weimar.

Allerdings sind sich einige Historiker darin einig, daß der beleidigte Pater Josef großen Anteil an der mangelhaften Unterstützung der Feldzüge Bernhards durch Frankreich in den Jahren 1636 und 1637 hatte...

Die Feldzüge des Jahres 1636 begann Bernhard mit der Eroberung Elsaßzabern. Anschließend marschierte er gegen Gallas, der in Burgund eingefallen war. Aber wie schon im Jahre 1635: Bernhards Heer war durch Hunger und Pest so aufgerieben, daß er gegen die 40.000 Mann des kaiserlichen Heeres den Rückzug antreten mußte. Einen spektakulären Erfolg konnte er jedoch verbuchen. Bei Champlitte überfiel er den kroatischen Haufen des Generals Isolani. Die mit unsagbarer Grausamkeit aus der Bevölkerung herausgepreßten Schätze des Isolani fielen Bernhard in die Hände.

Das Jahr wurde vertan mit taktischen Truppenbewegungen, wenig sinnvollen Überfällen, kräftezehrenden Gewaltmärschen und vorsätzlicher Zerstörung der betroffenen Städte und Dörfer. Gelähmt wurden die Aktionen Bernhards durch die Einflußnahme des Kardinals de la Valette, der ihm als gleichberechtigter Befehlshaber beigegeben worden war. Erst mehrere Reisen nach Paris befreiten ihn 1637 von diesem lästigen Besserwisser.

In der Zwischenzeit wurde Gallas zur Bekämpfung des schwedischen Generals Baner in den Raum Böhmen, Schlesien abkommandiert und Bernhard hatte es nun mit dem Herzog von Savelli und dem Lothringer Herzog Carl als Gegner zu tun.

In einer Schlacht in Burgund an der Saone gelang es Bernhard, den Herzog Carl zu schlagen. Es heißt, durch sein persönliches Vorbild, als erster den Fluß mit seinem Pferd überquert zu haben, hätte er seine Truppen zum Angriff ermutigt. Bei Rheinau gingen die Truppen über den Rhein und verschanzten sich auf der Insel bei Wittenweiher. Um ein weiteres Vordringen nach Schwaben und Bayern zu verhindern, griff ihn der bayerische General Jean de Werth mit Erfolg an. Bernhard mußte sich nach dem Elsaß zurückziehen und für den Rest des Jahres 1637 Quartier beziehen.

Sehr viel erfolgreicher war für Bernhard das Jahr 1638. Im Januar belagerte er Rheinfelden, wenige Kilometer östlich von Basel. Zunächst ohne Erfolg, denn die überraschend vorgetragenen Angriffe Werths und Savellis zwangen ihn zum Rückzug. Drei Tage später gelang es Bernhard allerdings, die beiden Feldherren in einer großen Feldschlacht zu besiegen. Die Hälfte der kaiserlichen Truppen floh, die andere Hälfte ergab sich. Unter den 3.000 Gefangenen, die Bernhard machen konnte, befanden sich auch die Generäle Werth, Savelli, Enkevort und Sperreuter.

In Paris wurde ein Dankesgottesdienst für Werths Gefangennahme abgehalten. Nun stand ihm ganz Schwaben offen. Aber Bernhard verfolgte konsequent seinen Plan der Sicherung der zukünftig eigenen Einflußgebiete des Elsaß und der Rheingegend. Diese Gebiete wurden relativ schonend behandelt und durch die Eroberung der Städte Rheinfelden, Röteln und Neuenburg strategisch gesichert.

Der Schlüssel zu Süddeutschland und zur Sicherung des Oberrheins war nach damaliger Meinung Breisach. Bernhard belagerte Breisach seit Juni 1638, und von kaiserlicher Seite wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Breisach zu befreien. Zunächst versuchte General Heinz Götz sein Kriegsglück.

Am 10. August 1638 wurde er allerdings bei Wittenweiher so vernichtend geschlagen, daß von seinen 12.000 Soldaten nach der Schlacht nur noch 3.000 unter kaiserliche Fahnen zurückkehrten.

Herzog Karl von Lothringen erlitt am 14. Oktober bei Thann eine totale Niederlage. Der erneute Versuch von Götz, vereint mit General Lamboy Bernhards Belagerungsring zu durchbrechen, scheiterte ebenfalls.

Bernhards Angriffe auf Breisach scheiterten zunächst; nur Hunger konnte Breisach zur Aufgabe zwingen. Die Belagerten hofften ebenso, daß den Belagerern die Vorräte ausgehen. Im November tauschten reiche Bürgersfrauen auf dem Markt ihren Schmuck gegen wenig Mehl, Pferdefleisch, Katzen und Hunde.

Wer kein Geld hatte, kochte Rinder- und Schafshäute. Am 24. November starb ein Gefangener im Schloß von Breisach. Bevor er begraben werden konnte, hatten ihn die Mitgefangenen in Stücke gerissen und verschlungen. Weitere sechs Gefangene fielen dem Kannibalismus zum Opfer. Waisenkinder verschwanden auf den Straßen...

Am 17. Dezember ergab sich das ausgehungerte Breisach. Der Schlüssel zum Rhein und das Tor nach Deutschland war gefallen.

Bernhard gedachte diese Stadt zum Mittelpunkt seines unabhängigen Herrschaftsgebietes zu machen.

Frankreich war ebenfalls an Breisach interessiert. Richelieu wendete alle Mittel an, um den Ort dem französischen Einfluß zu unterstellen. Trotz aller Bemühungen gelang es ihm nicht einmal, Bernhard die Zusage abzuringen, daß nach Bernhards Tod Breisach an Frankreich fallen solle.

Aus dieser offenen, fast feindseligen Kompromißlosigkeit Bernhards gegenüber den Forderungen Richelieus resultiert der historische Ansatz zu der Behauptung, Bernhard von Sachsen-Weimar sei ein Patriot gewesen. Aber sein Patriotismus muß insofern relativiert werden, als es ihm nicht gelang bzw. er nicht beabsichtigte, eine Partei im Reich zu gründen, die seine patriotischen Interessen unterstützt hätte.

Er unternahm noch nicht einmal den Versuch, eine Koalition einflußreicher Fürsten zu bilden. Im Gegenteil, einen Plan der Landgräfin von Hessen zur Bildung einer deutschen Partei wurde von ihm verworfen. Es muß also davon ausgegangen werden, daß seine oppositionelle Haltung gegenüber Frankreich rein persönlichen Interessen entsprang. Und diese Interessen präzisierte Bernhard im Frühjahr 1639 gegenüber Fankreich. Er verlangte die volle Abtretung Breisachs und der Städte Rheinfelden, Säckingen, Laufenburg und Waldshut. Diplomatische Antworten aus Paris machten auf ihn keinen Eindruck mehr. Er forderte - wie früher Wallenstein - unbeschränkte militärische und territoriale Selbstständigkeit.

Unter solchen Voraussetzungen verhärteten sich natürlich die Beziehungen zu Frankreich: Richelieu hielt die Hilfsgelder zurück und versuchte die Anführer in Bernhards Heer zu kaufen. Bernhard wiederum besetzte alle Schlüsselposition mit deutschen Offizieren. Die Besatzungen der für ihn wichtigsten Festungen bestanden nunmehr aus deutschen Söldnern.

Zu seinen umsichtigen Unternehmungen, die Frankreich besonders beunruhigten, gehörten auch die intensiven Kontakte zur Witwe Wilhelms des Beständigen von Hessen, der Landgräfin Amalia . Die Witwe unterhielt ein eigenes Heer und widersetzte sich sehr couragiert den Plänen des Kaisers.

Bevor es zu der vermuteten ehelichen Verbindung kam, starb Bernhard am 19. Juli 1639 in Neuburg im Alter von 35 Jahren. Er bekam plötzlich wiederholte Fieberanfälle und starb in wenigen Tagen. Der Tod Bernhards von Sachsen-Weimar war für Richelieu ein Glücksfall. Das Gerücht, daß er im Auftrage Frankreichs von seinem italienischen Arzt vergiftet wurde, hielt sich hartnäckig.

Als Bernhard erkannte, daß es mit ihm schneller als angenommen zu Ende ging, bestand er darauf, daß seine Ärzte ihn durch Reizmittel um Stunden am Leben hielten. Er diktierte in dieser Zeit sein Testament, auf dessen Inhalt sich vor allen Dingen sein Ruf als Patriot gründete. Er vermachte Elsaß seinem älteren Bruder Wilhelm. Falls der es belehnte, sollte es nur auf die Dauer des Krieges(!) an Frankreich fallen. Sein gesamtes Heer übergab er seinem Stellvertreter Erlach, einem Schweizer.

Sein bestes Pferd hinterließ er dem französischen Diplomaten Guèbriant als Trostpflaster für dessen vergeblichen diplomatischen Bemühungen.

Es gab keine deutsche Partei, keine militärisch oder moralisch legitimierte Interessengruppe, der er die Erfolge seiner Bemühungen hätte übergeben können. Aber hätte sich nur ein deutscher Fürst um Bernhards Heer und dessen Kommandeur Erlach bemüht, - er wäre der Herr des Elsaß geworden. Von allen deutschen Fürsten bemühte sich kein einziger! Dieser Umstand charakterisiert die sogenannten nationalen Interessen deutscher Fürsten.

Gemessen an den egoistischen, verworrenen und zwielichtigen Interessen deutscher Fürsten, wundert es nicht, daß die Geschichtsschreibung bereit ist, Bernhard einen Patrioten zu nennen.

Lediglich der Sohn des geächteten Kurfürsten von der Pfalz, Karl Ludwig, versuchte innerhalb Bernhards Heer eine Gruppe Obristen für sich zu gewinnen. Er machte nur einen Fehler: als er auf dem Wege zur Truppe durch Frankreich reiste, wurde er von Richelieus Leuten überfallen und solange gefangengehalten, bis Erlach das Heer an Ludwig XIII. verschachert hatte. So kam es, daß die eroberten Gebiete nach Bernhards Tode an Frankreich fielen. Damit bestätigt sich nur die historische Wahrheit, daß nur Richelieu stark genug und diplomatisch geschickt war, die protestantische Sache zu vertreten.

Natur, Bildung, Ausdauer, Tapferkeit und Besonnenheit machen Bernhard von Sachsen-Weimar zu einem der großen Feldherrn des 30jährigen Krieges. Diplomatisches Geschick ersetzte er durch Entschlossenheit des Vorgehens, Geradheit der Forderungen und sein beinahe unverschämtes Selbstbewußtsein.

Er war somit scheinbar berechenbar, aber bis zum heutigen Tag sind seine wirklichen Absichten den Historikern verborgen geblieben. Auch sein ihm nachgesagter Patriotismus läßt sich nicht beweisen.

Bernhard von Sachsen-Weimar hat sich nicht nur der schwedischen und französischen Vormundschaft entzogen; er hat sich jeder Vormundschaft entzogen; - auch einem Urteilsspruch der Geschichte.



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