Anmerkungen
zum Tode von Tycho Brahe:


Es ist historisch unbestritten, daß Johannes Kepler seine wissenschaftlichen Erkenntnisse ohne das umfangreiche Datenmaterial Tycho Brahes nicht hätte formulieren und auch nicht hätte beweisen können.

Tycho Brahe hatte über Jahrzehnte Daten gesammelt und Berechnungen über den Verlauf der Sterne angestellt. Sie alle dienten einem Ziel: der Formulierung einer umfassenden Theorie der Planetenbewegung.

Dieses sogenannte "Tychische Weltbild" sollte sein Lebenswerk werden.

Es stellte einen Kompromiss zwischen dem bis dahin geltenden ptolemäischen Weltbild und jenem des Nikolaus Kopernikus dar.

Im Zentrum seines Weltbildes befand sich - wie im Ptolemäischen Weltbild - die Erde, um die Mond und Sonne kreisten, während die bis dahin bekannten Planeten - ähnlich dem Kopernikanischen System - um die Sonne kreisten .

In dieser Zeit (also um die Jahre 1595), erhielt Tycho Brahe ein Buch von einem ihm bis dahin unbekannten Astronomen namens Johannes Kepler.

In diesem Werk mit dem Titel "Mysterium cosmographicum" hatte Kepler mit genialer mathematischer Beweisführung eine kosmische Symmetrie der Bewegung der Planeten entwickelt, aus der sich unter anderem die Anordnung und Größe ihrer Bahnen ableiten ließen.

In seinem Antwortbrief an Kepler lobte Brahe zwar die Arbeit Keplers, meldete aber Zweifel an der Theorie an, die seiner Meinung nach nicht den Beobachtungen standhielt, die er als Datenmaterial in Händen hielt.

Immerhin lud er Kepler zu einem Besuch nach Prag ein.

Diese wenig konstruktive Kritik verletzte Kepler. Ihm wurde aber auch bewußt, daß er ohne die Beobachtungsdaten des Tycho Brahe die Richtungkeit seiner Theorie nicht werde untermauern können.

An diesem Punkt setzt eine Mordtheorie an, die von zwei amerikanischen Buchautoren vorgetragen wird [44], die davon ausgehen, daß Johannes Kepler nachdem er am Hofe Kaiser Rudolph II. zunächst als Assistent Tycho Brahes arbeitete, seinen wissenschaftlichen Konkurrenten mit Quecksilber vergiftet hat, um in den Besitz der Beobachtungsdaten zu kommen.

Das Buch liest sich spannend, ist oft spekulativ und hin und wieder ein wenig einseitig zu Ungunsten Keplers geschrieben, der als ehrgeizig, aufbrausend und skrupellos dargestellt wird.

Immerhin: im Jahre 1901 wurde Tycho Brahes Grab geöffnet und einige Barthaare wurden dem Sarg entnommen.

Forscher am Institut für Forensische Medizin in Kopenhagen untersuchten die Bartreste und fanden erhöhte Quecksilberwerte.

1996 führte man weitere Untersuchungen seiner Haupthaare durch. Die Forscher entdeckten auch diesmal erhöhte Quecksilberwerte nahe der Haarwurzeln. Das deutete darauf hin, daß das Gift etwa 13 Stunden vor seinem Tod in das Blut des Opfers gelangt war.

Quecksilber war zu jener Zeit gängiger Bestandteil verschiedener Arzneimittel. Es war mit Sicherheit auch im Labor Tycho Brahes zu finden.

So gesehen hätte Kepler seinem Konkurrenten das Gift verabreichen können.

Aber ebenso gut hätte Tycho Brahe sich auch selbst bei dem Versuch einer Selbstheilung (Tycho Brahe konnte nicht mehr urinieren und lag zehn Tage fiebernd im Delirium im Bett) versehentlich eine zu hohe Dosis verabreichen können.

Titelblatt der Rudolphinischen Tafeln

Titelblatt der im Text erwähnten
Rudolphinischen Tafeln

Wenige Tage nach dem Tode Tycho Brahes wurde Kepler zum Nachfolger Brahes ernannt und offiziell beauftragt, die Rudolphinischen Tafeln fertigzustellen.

Die Autoren des genannten Buches [44] sehen darin einen ausreichenden Grund, ihn als vermeintlichen Mörder zu benennen.

Dem widersprechen zwei Gesichtspunkte, die in dem Buch der beiden Amerikaner nicht berücksichtigt werden:

erstens:
Johannes Kepler hat nie einen Hehl daraus gemacht, daß er für die Erstellung der Rudolphinischen Tafeln und für seine Berechnungen die Beobachtungen Tycho Brahes zugrund gelegt hat (siehe Kopie des Titelblatts) und

zweitens:
das Werk Keplers ist nicht die Vollendung des angestrebten Lebenswerkes Brahes.

Kepler entwickelte seine eigene einheitliche Theorie der Planetenbahnen und konnte sie durch astronomische Beobachtungen untermauern.

Zehn Jahre nach dem Erscheinen der Astronomia nova formulierte er das dritte Keplersche Gesetz: die Umlaufbahnen der Planeten sind demnach abhängig von der Entfernung zur Sonne.

Letztlich holten Kepler die Wirren des dreißigjährigen Krieges ein.

Kepler starb mit 59 Jahren nicht als gefeierter Astronom sondern als Hofastrologe Wallensteins im Jahre 1630 in Regensburg.

Keplers Handeln wird immer einer individuellen Wertung unterliegen; sein Lebenswerk dagegen bleibt das eines großen Geistes.




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